Die Familie unserer heutigen Katzen

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Der Laie wird keinen Augenblick im Zweifel sein, welcher Familie
er die Ehre geben soll, die Reihe der Raubtiere zu eröffnen.
Er denkt an den schon von den Alten zum König der Tiere
gekrönten Löwen und räumt gern jede Bevorzugung ein, sogar
auf Kosten des Hausfreundes Hund, dessen geistiges Wesen
einer anderen, weit wertvolleren Krone würdig ist.
Diesmal darf auch der Forscher mit dem Laien übereinstimmen,
und somit vereinigen wir in der ersten Familie die Katzen (Felidae). 

Die Katzen sind starke und äußerst gewandte Tiere.
Jede ihrer Bewegungen zeugt von Kraft und Behendigkeit.
Fast alle Arten der Familie ähneln sich in ihren leiblichen wie in
ihren geistigen Eigenschaften.
Alle Katzen gehen gut, aber langsam, vorsichtig und geräuschlos,
laufen schnell und sind fähig, wagerechte Sprünge zu machen,
die länge ihres Körpers zehn- bis fünfzehnmal übertreffen.
Nur sehr wenige der größeren Arten sind nicht imstande zu
klettern, während diese Kunst von der Mehrzahl mit viel Geschick
betrieben wird.

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Obgleich von Hause aus große Feinde des Wassers, schwimmen sie
doch recht gut, wenn es sein muß; wenigsten kommt keine Art leicht
im Wasser um.
Zudem verstehen sie ihren Körper zusammenzu- drücken oder
zusammenzurollen, gebrauchen ihre Tatzen mit großer Fertigkeit
und wissen mit unfehlbarer Sicherheit ein Tier selbst im Lauf oder
Flug zu erfassen.
Hierzu kommt noch die verhältnismäßige Stärke ihrer Glieder und
ihre Ausdauer.

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Die größeren Arten strecken mit einem einzigen Schlag ihrer
furchbaren Pranken ein Tier zu Boden, das größer ist als sie
selbst, und schleppen ohne Mühe große Lasten fort.
In ihren geistigen Fähigkeiten stehen die Katzen hinter den
Hunden zurück, jedoch nicht so weit, wie man anzunehmen pflegt.
Vergessen darf man nicht, daß wir bei Abwägungen der
Geistesfähigkeiten beider Familien beständig an zwei kaum
maßgebende Vorbilder denken, an den seit Jahrtausenden
geschulten Haushund und an die vernachlässigte, vorurteilsvoll
betrachtete Hauskatze.

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Vergleichen wir wildlebende Arten beider Familien, beispielsweise
Fuchs und Luchs, so stellt sich das Ergebnis schon entschieden
günstiger für die Katzen.
Die Katzen als geistig tiefstehende Tiere zu betrachten, ist ein
grober Fehler.
Die Hauskatze gibt uns oft Beispiele treuer Anhänglichkeit.
Der Mensch nimmt sich gewöhnlich nur nicht die Mühe, ihre
Fähigkeiten genauer zu erforschen, sondern läßt sich von dem
einmal feststehenden Urteil einnehmen und von selbstständiger
Prüfung zurückschrecken.
Die Katzen sind gegenwärtig fast in allen Teilen der Welt zu finden.

Die Katzen bewohnen die Ebenen wie die Gebirge, dürre, sandige Stellen wie feuchte
Niederungen, den Wald wie das Feld.
Einige steigen selbst ins Hochgebirge hinauf und werden dort in beträchlichen Höhen
angetroffen.
Andere treiben sich auf offenen , mit Gesträuchen bewachsenen Steppen oder in Wüsten umher,
noch andere ziehen die schilfreichen Ufer von Flüßen, Bächen und Sümpfen vor.
Bei weitem der größte Teil aber gehört dem Walde an.

Textauszug: Brehms Tierleben Jubiläumsausgabe 1929 Dritte Auflage Band 2

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